Telemonitoring bei COPD
Wann wird das Telemonitoring bei COPD fester Teil der Regelversorgung? Erste Studien waren vielversprechend – nun soll ein vom G-BA gefördertes Studienprojekt Klarheit bringen. In diesem Beitrag beleuchten wir den aktuellen Stand der Forschung und zeigen, wie eine sinnvolle Umsetzung aussehen könnte.
Wann wird das Telemonitoring bei COPD fester Teil der Regelversorgung? Erste Studien waren vielversprechend – nun soll ein vom G-BA gefördertes Studienprojekt Klarheit bringen. In diesem Beitrag beleuchten wir den aktuellen Stand der Forschung und zeigen, wie eine sinnvolle Umsetzung aussehen könnte.
Inhaltsübersicht
In der Kardiologie hat sich die telemedizinische Versorgung bereits bewährt: Seit 2022 ist das Telemonitoring von Patienten mit Herzinsuffizienz eine Regelleistung der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland.
Angesichts vielversprechender Studienergebnisse zum Telemonitoring bei der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung COPD, einer der häufigsten chronischen Erkrankungen hierzulande, könnte die digitale Versorgungsform auch bald in der Pneumologie zum Standard werden.
Ablauf von Telemonitoring bei COPD
Telemonitoring (auch: Remote Patient Monitoring) bei COPD umfasst die regelmäßige Überwachung von Vitalwerten aus der Ferne, um frühzeitig Veränderungen im Gesundheitszustand zu erkennen und intervenieren zu können. Der typische Ablauf gestaltet sich wie folgt:
- Datenerfassung: Patienten messen täglich oder in regelmäßigen Abständen verschiedene Parameter (z.B. FEV1, Peak Flow, Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung) mithilfe digital vernetzter Sensorik.
- Datenübertragung: Die erfassten Daten werden automatisch an eine telemedizinische Software übermittelt.
- Datenanalyse: Die Algorithmen der Software analysieren die eingehenden Daten auf Auffälligkeiten oder Trends, die auf eine Verschlechterung des Zustands hindeuten könnten.
- Alarmierung: Bei kritischen Werten oder Trends wird das medizinische Personal automatisch benachrichtigt.
- Intervention: Basierend auf den Daten können Ärzte frühzeitig intervenieren, z.B. durch Anpassung der Medikation oder Einbestellung des Patienten.
Welche Vitalwerte sich für ein COPD-Monitoring eignen
Basisparameter:
- Sauerstoffsättigung (SpO2): Ermöglicht die Beurteilung der Oxygenierung des Blutes, besonders wichtig bei fortgeschrittener COPD. Werte unter 90% sind kritisch und können auf eine Exazerbation hinweisen.
- Peak-Flow und FEV1: Diese Lungenfunktionsparameter geben Aufschluss über die Atemwegsobstruktion. Signifikante Abweichungen vom persönlichen Bestwert können eine Verschlechterung anzeigen.
- Atemfrequenz: Eine erhöhte Atemfrequenz (über 20/min in Ruhe) kann ein frühes Warnzeichen für eine beginnende Exazerbation sein.
Ergänzende Parameter:
- Herzfrequenz: Eine Tachykardie kann auf eine verschlechterte Oxygenierung oder erhöhte körperliche Belastung hinweisen.
- Blutdruck: Relevant wegen häufiger kardiovaskulärer Komorbiditäten bei COPD-Patienten.
- Körpergewicht: Tägliche Messung zur Erkennung von Flüssigkeitsretention oder ungewolltem Gewichtsverlust.
- Tägliche Schrittzahl: Objektiver Indikator für das Aktivitätsniveau und die Mobilität
Subjektive Parameter:
- Symptomtagebuch (z.B. Dyspnoe, Husten, Sputummenge und -farbe)
- Medikamenteneinnahme, besonders Häufigkeit der Bedarfsmedikation
- Aktivitätsniveau und Belastbarkeit im Alltag
Was bringt die Telemedizin in der Pneumologie?
Mehrere Studien zeigen, dass ein digitales Vitalwertemonitoring die Behandlung von COPD in verschiedenen Bereichen verbessern kann:
Medizinischer Nutzen
- Früherkennung von Exazerbationen
- Reduktion von Krankenhausaufenthalten
- verbesserte Überlebensrate
Vorteile für Patient:innen
- engmaschige medizinische Betreuung
- mehr Sicherheit im Alltag
- verbessertes Selbstmanagement
Vorteile für Pneumolog:innen
- bessere Datenbasis für Behandlungsentscheidungen
- effiziente Versorgungsform entlastet Praxisbetrieb
- digitale Therapiesteuerung
Gesundheitskosten
- vermiedene Krankenhausaufenthalte und die optimierte Versorgung bewirken enorme Kosteneinsparungen im Gesundheitssystem
Die digitale Arztpraxis
Die telemedizinische Plattform SaniQ ist für niedergelassene Ärzt:innen und ihre Praxisteams ein flexibler Begleiter auf dem Weg in die digitale Zukunft der Gesundheitsversorgung.
Aktuelle Studienlage
Mehrere Studien konnten bereits signifikante Verbesserungen der Versorgung mit Telemonitoring gegenüber der Standardtherapie nachweisen. Eine der aktuell laufenden, umfangreichsten Studien in diesem Bereich ist die vom G-BA geförderte Telementor-COPD-Studie, die in Deutschland durchgeführt wird.
Telementor-COPD (aktuelle Studie)
Die Telementor-COPD-Studie ist eine durch den G-BA-Innovationsfonds geförderte, multizentrische, randomisierte und kontrollierte klinische Studie unter der Leitung der LungenClinic Großhansdorf. Sie untersucht den Nutzen von Telemedizin und Telemonitoring bei Patienten mit COPD. Für das kontinuierliche Monitoring der Vitalparameter wird die Telemedizin-Plattform SaniQ eingesetzt. Ziel ist es, Krankheitsverschlechterungen (Exazerbationen) frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig präventiv eingreifen zu können.
Eine Interimsanalyse hat bereits vielversprechende Ergebnisse angedeutet. Die letzten Patienten beenden die Studie im Dezember 2024 – die Ergebnisse werden dann für das Frühjahr 2025 erwartet. Sie könnten einen entscheidenden Beitrag zur Bewertung der Wirksamkeit von Telemonitoring bei COPD bzw. zum Übergang in die Regelversorgung leisten.
Link zur Studie: https://innovationsfonds.g-ba.de
Versorgungsstudie während der Corona-Pandemie (2022)
Ein App-basiertes Versorgungsprogramm der Universitätsmedizin Essen für 745 Patienten mit Lungenerkrankungen wie Asthma und COPD zeigte während der Corona-Pandemie vielversprechende Ergebnisse:
Die am Programm teilnehmenden Ärzte und Patienten bewerteten das Monitoring zentraler Vitalwerte per Smartphone-App und Bluetooth-Spirometer durchweg positiv:
- Besonders die Möglichkeit zur häuslichen Messung wurde von 99% der Teilnehmer geschätzt
- 70% der Patienten berichteten sogar von einer verbesserten Lebensqualität
- Auch die behandelnden Ärzte bewerteten das Programm positiv und zeigten eine hohe Interaktion mit der digitalen Plattform
Ein vielversprechender Ansatz für die Zukunft der Versorgung von Menschen mit Atemwegserkrankungen, der sich auch über die Pandemie hinaus bewähren könnte.
Link zur Studie: https://www.springermedizin.de
Studie zu Sterblichkeit und Gesundheitskosten (2016)
Eine Studie des Hamburg Center for Health Economics (HCHE) zum größten europäischen Telemonitoring-Pilotprojekt bei COPD-Patienten zeigt vielversprechende Ergebnisse:
- Die digitale Überwachung konnte die Sterblichkeit der Teilnehmer um etwa die Hälfte senken
- Das Telemonitoring führte auch zu deutlichen Kosteneinsparungen von durchschnittlich 895 Euro pro Patient im Vergleich zur Standardversorgung.
- Besonders beeindruckend waren die Effekte bei Patienten mit schwerer und sehr schwerer COPD – hier konnten die Kosten für Krankenhausaufenthalte um mehr als 1.000 Euro reduziert werden.
- Die Studie mit über 650 Telemonitoring-Teilnehmern zeigte zudem, dass die digital überwachten Patienten insgesamt weniger Notaufnahmen aufsuchen mussten und kürzere Krankenhausaufenthalte hatten.
Link zur Studie: link.springer.com
Internationale Perspektive: Dänemark
Dänemark gilt als Vorreiter in der Integration von Telemedizin in die COPD-Versorgung. Mehrere regionale Projekte (u.a. das TeleCare Nord-Programm, das 2015 eingeführt wurde) haben gezeigt, wie eine landesweite telemedizinische Versorgung aussehen kann:
- Kontinuierliche Überwachung von Vitalparametern mittels vernetzter Geräte.
- Regelmäßige Videokonferenzen zwischen Patienten und Gesundheitsfachkräften.
- Ein zentrales Datenmanagementsystem zur Früherkennung von Exazerbationen.
Im November 2023 kündigte Dänemark die Einführung einer nationalen telemedizinischen Lösung (die Plattform Telma) für Patienten mit schwerer chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) basierend auf den Erkenntnissen des TeleCare Nord-Programms an. Das Programm wird in 2024 landesweit ausgerollt.
Fazit
Der Gesetzgeber hat die Wirksamkeit von Telemonitoring bei COPD grundsätzlich anerkannt:
- Eine Übertragung in die Regelversorgung – kollektivvertraglich durch die Selbstverwaltung, den Gesetzgeber oder in Selektivverträgen (§140a SGB V) durch die Vertragspartner – ist ein erklärtes Ziel des G-BA Innovationsfonds.
- Die Telementor-COPD-Studie wird auf diesem Weg wichtige Erkenntnisse zur Wirksamkeit und Umsetzbarkeit in Deutschland liefern.
- Die Erfahrungen in Dänemark unterstreichen zudem die Machbarkeit und den Nutzen einer flächendeckenden Implementierung.
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